Ausstellung "Tatort Stadion 2" in MannheimVon Mitte bis Ende April 2013 hatte das Fanprojekt Mannheim/Ludwigshafen zusammen mit einigen Kooperationspartnern – darunter, neben dem SV Waldhof, PRO Waldhof und weiteren, auch DoppelPass – die Wanderausstellung „Tatort Stadion 2“ nach Mannheim geholt. Wir haben Martin und Thomas vom Fanprojekt gebeten und als Fazit zur Ausstellung einige kurze Fragen zu beantworten:

Wie sieht euer Fazit der beiden Ausstellungswochen aus?

Während die Informationsveranstaltungen insgesamt recht gut besucht waren, war der Besucherstrom zu den regulären Öffnungszeiten eher mäßig. Hier hielt sich das Interesse der Bevölkerung in Grenzen, was u. a. sicher auch auf den Standort (Waldhof-Ost) zurückzuführen war. In Stadtzentrumsnähe wären aufgrund der öffentlich besseren Erreichbarkeit evtl. mehr Gäste erschienen.
Die Schulveranstaltungen an den Vormittagen verliefen jedoch sowohl inhaltlich, als auch von der Mitmachquote der Schulklassen, aus unserer Sicht sehr zufriedenstellend.

Die Ausstellung fand ungewöhnlicherweise in einer Kirche auf dem Waldhof statt. Wie kam es dazu?

Nachdem eine ursprünglich angedachte, zentral gelegenere Örtlichkeit aufgrund von terminlichen Problemen nicht zur Verfügung stand und es schwer war, in der Kürze der Zeit eine andere, bezahlbare Alternative zu finden, mussten wir uns etwas anderes überlegen. Ansonsten hätten wir die Ausstellung ein weiteres Mal verschieben müssen, was wir nicht wollten. Aufgrund verschiedener Veranstaltungen in der Vergangenheit sowie aktueller Kontakte des Fanprojekts sind wir auf die Idee mit der evangelischen Jugendkirche gekommen. Diese Idee hat sich gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern dahingehend weiterentwickelt, dass wir ebenfalls den Bezug zum Stadtteil Waldhof hoch halten möchten. Aufgrund der außergewöhnlichen Atmosphäre in der evangelischen Jugendkirche, sowie dem Stadtteilbezug, fanden wir den Ort prädestiniert zur Ausstellung, zumal wir die Örtlichkeit kostenfrei nutzen durften und Otto Siffling hier auch getauft wurde.

Im Rahmenprogramm der Ausstellung fanden auch 3 Vorträge zu unterschiedlichen Themen mit anschließender Publikumsdiskussion statt. Könnt ihr hierzu kurz etwas sagen?

Die Auftaktveranstaltung ging mit der Eröffnung der Ausstellung über die Bühne, welche durch die Schirmherren der „Söhne Mannheims“, und hier durch ein bemerkenswertes Grußwort von Henning Wehland, eröffnet wurde. Als ersten Vortragsgast begrüßten wir Gerd Dembowski. Der bundesweit als Fanforscher bekannte Wissenschaftler hielt einen 45-minütigen Vortrag zum Thema „Fankulturen im Fußball zwischen Panikmache, sozialer Arbeit, polizeilichen Maßnahmen und notwendiger Konfliktschlichtung“ mit anschließender Diskussion. Zum zweiten Vortrag luden wir den Buchautor und mittlerweile auch Fanforscher Jonas Gabler ein. Er referierte 90 Minuten zum Thema „Die Ultras – Fußballfans und Fußballkulturen in Deutschland“. Die anschließende Diskussion war intensiv und lebhaft, was das Interesse der Teilnehmer genügend dokumentiert. Zuletzt schließlich begrüßten wir mit Gerd Wagner einen Mitarbeiter der „Koordinationsstelle Fanprojekte“ in der Kirche, der über „Die unschöne Seite der schönsten Nebensache der Welt – Rechtsextremismus und Diskriminierungen im Fußball“ referierte. Der interessante Vortrag mündete in einer anschließenden, offenen Diskussion. Bei dieser Veranstaltung war die Resonanz leider sehr dürftig, was wohl auch auf den Streik der RNV zurückzuführen sein dürfte.
Insgesamt fanden wir die Themen passend und ausgewogen. Die Vorträge haben zudem insgesamt einen sehr differenzierten Blick auf alle Themen rund um das Thema Fußball und Fankultur aufgezeigt. Gerade deshalb haben wir es ein wenig bedauert, dass diese Themen von der Presse nicht aufgenommen wurden.

Wie fielen die Reaktionen auf die Ausstellung bei den Besuchern aus?

Unterschiedlich. Während sich ein Teil der Besucher überrascht zeigte, über die ausführlichen Beschreibungen der Themen und der Vielfalt der Problematiken im Fußball-Kontext, bemängelten andere die etwas zu „trockene Präsentation“ durch die Tafeln.
Konträre Diskussionen gab es u. a. allgemein zum Thema „Politik im Stadion“.
Die Gestaltung in der Kirche durch Banner und Leinwand, sowie die visuelle Aufarbeitung durch fan- und stadtbezogene Filmbeiträge, wurden von den Besuchern gerne wahr genommen.

Konntet ihr persönlich etwas aus der Ausstellung „mitnehmen“?

Alle bereits erwähnten positiven und kritischen Hinweise, wurden auch unsererseits in der Nachbereitung reflektiert.
Für zukünftige Veranstaltungen solcher Art sollte es, sofern von der Umsetzung her machbar, sowohl visuell, als auch praktisch-kreativ mehr Möglichkeiten geben, die Ausstellung attraktiver zu gestalten. Zum Beispiel durch Angebote wie Malaktionen für Schulklassen, Motivgestaltung von Shirts oder Fahnen zu diskriminierenden Themen, filmische Rollenspiele mit Fußball-Bezug. Vorab könnte auch ein Fragenkatalog erstellt werden, welcher die diversen Tafeln thematisch aufarbeitet für die jeweiligen Schulen, damit die Schüler bereits im Vorfeld mit der Thematik besser vertraut und beschäftigt sind. Dazu wäre mehr pädagogisches Begleitmaterial von der BAFF aus den Erfahrungswerten bisher stattgefundener Ausstellungen sinnvoll! Weiter wäre es im Vorfeld der Ausstellung, sowohl von den Kooperationspartnern, als auch von begleitenden Institutionen her wünschenswert, jede Tafel als pdf-Format in Übersicht zur Vorabansicht zu haben, um, vor allem Lehrkräften, die Chance zu bieten, sich inhaltlich mit den Tafeln noch intensiver zu befassen bzw. vorzubereiten. Auch könnte ein Zusammenspiel und Einbindung zwischen „Fanprojekt – Spieler – Schüler“ den Reiz der Ausstellung erhöhen.

Vielen Dank an Martin und Thomas für die ausführlichen Antworten!