Über volle 12 Runden ging es bei „Ein Abend mit Charly Graf“ am Freitag, 28.10.2022, im Jugendhaus Soul-Men-Club. Vor zahlreichen jungen und älteren Gästen führte und moderierte Martin Willig für DoppelPass das Gespräch mit der Mannheimer Boxlegende.
Aufgewachsen ist Charly Graf als Kind einer Arbeiterin und eines US-Soldaten. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, die Mutter musste sich mit ihrem Sohn alleine über Wasser halten. Keine einfache Kindheit und Jugend für Charly in den Benz-Baracken, wie er berichtet. Über das Gewichtheben kommt er zur Boxabteilung des SV Waldhof, und sein Talent wird schnell entdeckt. Zu schnell vielleicht. Sportlichen Erfolgen folgen Tiefen, der Weg führt ihn ins Rotlichtmilieu, in die Kriminalität. Auch zu dieser Zeit findet Graf am Abend klare Worte: „Ich war ein hochgradig asozialer Mensch“.
In der Justizvollzugsanstalt Stammheim lernt er den Terroristen Peter-Jürgen Boock kennen. Eine Begegnung, die Charly die Literatur entdecken ließ. „Ich habe den Boock körperlich trainiert und er mich literarisch fit gemacht“, so Charly Graf. Aus dem Knast heraus startet Charly sein Comeback. Erfolgreich. Doch später im Kampf gegen Thomas Classen wurde er beschissen. 27 Jahre nach dem geschobenen Kampf übergab Classen die Meisterplakette an Charly Graf, den wahren Gewinner des Meisterschaftskampfes.
Charly Graf widmete sich nach seiner Boxkarriere der sozialen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, bot Boxunterricht und Anti-Aggressions-Training an Mannheims Schulen an. Er war in dieser Zeit für viele Jugendliche Leitfigur, wie ein Teilnehmer des Abends bezeugt.
Auch heute ist das Leben für Charly Graf nicht leicht. Offen spricht er über Ängste und depressive Phasen. Ein Leben mit Höhen und Tiefen. Auf die Frage aus dem Publikum, was er Jugendlichen mit auf den Weg geben möchte, sagte Charly: authentisch sein, sich nicht verstellen und auch zu Schwächen stehen.
Es war ein berührender Abend mit dir, Charly. Vielen Dank!
Und auch das Publikum war aktiv dabei. Rainer Spagerer kam bereitwillig ans Mikro, um die legendäre Anekdote vom Pausenbrot, sein Wegzoll beim Passieren der Baracken, selbst zu erzählen. Wir haben es sehr genossen.
Der schöne Abend mit Charly Graf war nur der erste Teil unserer Hommage an diese Mannheimer Legende: Seit dem 01.11.2022 ist ein Bild von Charly und seiner Mutter auf einem Mural auf dem Waldhof verewigt, gemalt für Charly Graf, zu sehen in der Frohen Zuversicht, Ecke Obere Riedstraße. Groß, für einen ganz Großen. Gegen Gewalt und gegen Rassismus.
Wir bedanken uns für Unterstützung bei unserem Projekt bei Martin, der uns als Mann im Ring durch den Abend geführt hat, bei Elena Traut vom Quartiersmanagement, die den Stein ins Rollen gebracht hat, bei Daniel von den 305 Boys für Sound und Technik und beim Jugendhaus Soul-Men-Club. Herzlichen Dank auch allen Helferinnen und Helfern beim Mural, der GBG für die Bereitstellung der Fassade und das Sponsoring und an Florian Räsener für die Unterstützung durch softronic.
